Zum Begriff Empirische Geschäftsprozesssteuerung

Wir verwenden in unseren Artikel häufig die Begriffskombination „Empirische Geschäftsprozesssteuerung“. In diesem Teil werfen wir nun einen vertieften Blick auf die Herkunft und die Bedeutung dieses Begriffspaares.

Derzeit ist die Agile Softwareentwicklung in aller Munde. Diese bezeichnet verschiedene Ansätze zur internen Organisation im Softwareentwicklungsprozess. Ziel ist es, durch ein iteratives Vorgehen (häufige, kleine Releases), die Transparenz und die Effektivität zu steigern, um einerseits digitale Produkte schneller auf den Markt bringen zu können (Wettbewerbsvorteil) und anderseits, um damit die finanziellen Risiken eines langwierigen Softwareentwicklungsprozesses zu minimieren. Eines dieser Ansätze ist Scrum. Hier werden die einzelnen Anforderungen an eine Software aus Sicht des Anwenders als „Userstory“ formuliert („As a user, I want to…“) und einzeln auf eine Art Kanban-Karte dokumentiert. Die Summe der Kanban-Karten ergibt das sog. Product Backlog. Die konkrete Softwareentwicklung findet innerhalb von „Sprints“ statt. Das sind feste Zeiteinheiten (i. d. R. ein bis vier Wochen), in denen eine vorab definierte Teilmenge dieser Karten (Tickets) abgearbeitet wird. Vor Sprintbeginn wird zudem der Aufwand je Userstory vom Team geschätzt. Und nach Ablauf eines Sprints können nun die abgearbeiteten Tickets mit ihrer jeweiligen Schätzung gemessen werden. Über den Zeitablauf erhält man so die durchschnittliche Entwicklungsgeschwindigkeit des Teams. Gleichzeitig wird damit ein Regelkreis implementiert, der dem Team Rückschlüsse auf künftige ex ante Schätzungen ermöglicht. Dafür hat sich im Englischen der Begriff „Empirical Process Control“ etabliert.

In enger Verbindung zur Agilen Softwareentwicklung ist die Agile Transformation im Zuge von Digitalisierungsstrategien zu sehen. Hierbei werden die agilen Konzepte auf andere Unternehmensbereiche ausgedehnt. Dazu werden aus verschiedenen Disziplinen kleinteilige, cross-funktionale Teams (bis zu neun Personen) gebildet, die einzelne Unternehmensaktivitäten Ende-zu-Ende umsetzen. Nehmen wir als Beispiel eine konkrete Marketingaktion: ein Marketingexperte möchte zur Umsatzsteigerung eine zeitlich befristete Sonderaktion umsetzen. Dazu bedarf es neben des Konzeptes vieler weiterer Handlungen. Es müssen Grafiken und Texte erstellt werden. Man benötigt Banner und eine Online-Kampagne. Die Website muss adaptiert werden, Bestandskunden sollen über den Newsletter informiert werden und letztlich muss auch der Webshop und die Warenwirtschaft angepasst werden. Neu ist hier, dass nun Mitarbeiter aus den verschiedenen Fachbereichen gemeinsam und in enger Abstimmung an einer konkreten Umsetzung arbeiten.

Im Prinzip ist der Begriff „Empirische Geschäftsprozesssteuerung“ eine direkte Übersetzung von „empirical process control“. [1] [2] Jedoch möchten wir durch das Einfügen des Begriffs „Geschäfts-“ deutlich machen, dass durch die stattfindende Digitalisierung der Produkte und der Geschäftsprozesse in Verbindung mit agilen Prinzipien, zunehmend klassische Unternehmensbereiche außerhalb der IT bzw. der Softwareentwicklung einem neuen Unternehmensführungs- und -steuerungsprinzip unterliegen.

 
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