Ticketsysteme als Steuer-IKS

Im elften Teil zur Empirischen Geschäftsprozesssteuerung widmen wir uns wieder einem konkreten Anwendungsfall: der Umsetzung eines Tax-Compliance-Management-Systems durch simples Customizing eines Standard-Ticketsystems wie bspw. JIRA von Atlassian.

Durch einen Anwendungserlass vom Mai 2016 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) den Paragraph 153 der Abgabenordnung (AO) geändert. Dieser regelt die Berichtigung von objektiv unrichtigen oder unvollständigen Steuererklärungen. Spannend hierbei ist, dass der Steuerpflichtige den Vorwurf der Steuerhinterziehung bzw. -verkürzung entkräften kann. Unter Punkt 2.6 schreibt das BMF: „Hat der Steuerpflichtige ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, kann dies ggf. ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, jedoch befreit dies nicht von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls.“ [1] Konkreter wird das BMF-Schreiben hinsichtlich der Ausgestaltung des IKS nicht. Frau Paucksch von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BakerTilly schreibt dazu: „Angesichts der Komplexität der Unternehmensprozesse ist das Ziel die Widerlegung von Organisationsverschulden und Kontrollpflichtverletzungen.“ [2]

Neben ein Compliance-Management-System (CMS) und ein Internes Kontrollsystem (IKS) tritt also ein Steuer- bzw. Tax-Compliance-Management-Systems (TCMS), das die Anforderungen aus dem Steuerbereich einbezieht. Konkret geht es um drei Aspekte: die unternehmensweite Einführung von angemessenen und wirksamen Kontrollen zu steuerrelevanten Vorgängen, einen nachvollziehbaren Prozess zur kontinuierlichen Verbesserung der Steuerprozesse und der Kontrollen sowie eine nachvollziehbare Dokumentation des gesamten Kontrollsystems. Insbesondere in Verbindung mit einer zusätzlichen Auditierung durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften kann ein solches „Steuer-IKS“ folglich die Geschäftsführung und die Organisation als Ganzes vor dem Vorwurf der Steuerhinterziehung bzw. -verkürzung schützen.

Wie beim Internen Kontrollsystems (IKS) auch, plädieren wir für die Nutzung eines Standard-Ticketsystems aus der IT-Abteilung für die Abbildung eines solchen TCMS. Denn letztlich geht es darum, dass irgendjemand, irgendetwas bis irgendwann zu erledigen hat. In diesem Fall sind es steuerrelevante Kontrollmaßnahmen. Und nach unserer Auffassung entsprechen solche Kontrollen exakt einem „Ticket“. Die Vorteile gegenüber einer dezidierten Softwarelösung liegen hierbei auf der Hand. In immer mehr Firmen existiert bereits Ticketsystem, wie bspw. JIRA von Atlassian. Die Infrastruktur ist also bereits vorhanden. Dazu zählen die eigentliche Installation, die Softwarelizenz und natürlich die IT-Admins. Da man ein vorhandenes System nutzt, erspart man sich zudem die Wartung einer Spezialsoftware (Updates). Des Weiteren sind Ticketsysteme intuitiv zu bedienen – der Schulungsaufwand somit minimal. Es lohnt sich also, diesen Ansatz in die Überlegungen einfließen zu lassen.

Weiterführende Links: 
[1] https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Weitere_Steuerthemen/Abgabenordnung/AO-Anwendungserlass/2016-05-23-anwendungserlass-zu-paragraf-153-AO.html

[2] https://www.bakertilly.de/news/legal-tax/153-ao-und-idw-ps-980-zur-indizwirkung-von-tax-compliance-systemen/

 
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Ticketsysteme als Compliance-, Steuer- und Internes Kontrollsystem

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