Theoretische Grundlagen
Im ersten Beitrag zur „Empirischen Geschäftsprozesssteuerung“ haben wir anhand eines Internen Kontrollsystems (IKS) [1] dargelegt, welche Vorteile die Prinzipien und Tools der agilen Softwareentwicklung für andere Unternehmensbereiche bringen können. [2] Im zweiten Teil erörtern wir die theoretischen Grundlagen für dieses neue Konzept.
Dabei greife ich zunächst auf die Grundüberlegung zurück, dass sich eine Unternehmung auf die Tatsache reduzieren lässt, dass „irgendjemand, irgendetwas bis irgendwann“ zu erledigen hat. In der Organisationslehre gibt es dazu zwei Ansätze. Die Prozessorganisation und die Projektorganisation. Die Prozessorganisation spiegelt die dauerhafte Erbringung von gleichen Arbeitsinhalten („Beleg buchen“) wider und lässt sich hierarchisch wie folgt gliedern: Prozess, Teilprozess und Verrichtung. Im Gegensatz dazu zielt die Projektorganisation auf die Erreichung eines einmaligen Projektziels mit einem (festen) Team von Projektmitgliedern. Hier lautet die Untergliederung Aufgabe, Teilaufgabe und auf unterster Ebene das Arbeitspaket.
Die Empirische Geschäftsprozesssteuerung kombiniert nun beide Ansätze. Sie nimmt die „Verrichtung“ aus der Geschäftsprozessorganisation und verschmilzt sie mit dem „Arbeitspaket“ aus der Projektorganisation. Ich möchte das am Beispiel der Belegbuchung verdeutlichen. Die Belegbuchung umfasst in der Regel: Banf, Bestellung, Lieferung, Wareneingangsprüfung, Belegerfassung, Rechnungsprüfung und Zahlung.
Fasst man nun den gesamten Vorgang gedanklich als Arbeitspaket (aus der Projektorganisation) zusammen und bildet das in einem „Ticket“ (Ticket = Laufkarte) ab, so ergeben sich ungeahnte Möglichkeiten. Da ist zunächst die enorme Transparenz. Man sieht sofort, in welchem Prozessschritt, in welchem Status und bei welchem Bearbeiter sich ein Vorgang aktuell befindet. Da die Tickets durch die Prozessschritte und die Fachabteilungen „wandern“, akkumulieren sich an Engpässen „stockende“ Tickets. Über die Dauer zwischen Erstellung und Lösung eines Tickets können Rückschlüsse über Prozessineffizienzen geschlossen werden. Und letztlich bieten Dashboards und Filter einen schnellen Überblick über die aktuelle Situation im Unternehmen. In weiteren Artikeln werden wir dezidierter auf die Prozessoptimierungsmöglichkeiten und die datenschutzrechtlichen Implikationen eingehen.