Auswirkungen der Agilen Transformation
Im sechsten Teil zur Empirischen Geschäftsprozesssteuerung berichte ich von unseren Erfahrungen, sowohl in unserer Firma als auch in Beratungsprojekten, über die Einführung und die Verwendung eines Tickettools wie bspw. JIRA von der Firma Atlassian. Denn die Empirische Geschäftsprozesssteuerung als Folge der Digitalen bzw. Agilen Transformation benötigt aus unserer Sicht zwingend den Einsatz einer solchen Softwarelösung.
Irgendwann ist es soweit und die IT-Abteilung beschafft sich beispielsweise JIRA von Atlassian, um damit die Entwicklung der Software zu steuern. Das funktioniert zumeist problemlos, denn Entwickler haben in der Regel wenig Berührungsängste und kommen mit dem Ticketsystem schnell zurecht. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn dafür wurde es schließlich entwickelt. Anders sieht es häufig schon bei Gruppenleitern, Abteilungsleitern und insbesondere bei Bereichsleitern aus. Sie sind es gewohnt, in Statusmeetings mit Gantt-Charts und Powerpoint-Präsentationen über den aktuellen Stand informiert zu werden. Weit verbreitet sind auch Excel-Listen mit einer Aufstellung der laufenden Projekten und Initiativen nebst einem Status. Verlässt man die IT-Abteilung, findet eine Verwendung einer Ticket-Lösungen zur Unternehmenssteuerung bislang de facto gar nicht statt. Doch das ändert sich derzeit im Zuge der Agilen bzw. Digitalen Transformation schlagartig. Und das ist auch gut so, wie wir finden.
Die Empirische Geschäftsprozesssteuerung verfolgt einen grundsätzlich anderen Ansatz der Unternehmensführung und -steuerung. Jede Verrichtung innerhalb eines Geschäftsprozesses und jedes Arbeitspaket in einem Projekt wird in einem Ticket abgebildet, welche in Summe zunächst als eine Grundgesamtheit laufender und anstehender Aktivitäten aufgefasst werden kann. Über den Ticket-Status wiederum wird der aktuelle Bearbeitungsstand abgebildet. In der Grundform gibt es hierbei drei Ausprägungen: offen, in Arbeit und fertig. Das ist intuitiv. Jedoch lassen sich durch Customizing diese drei Zustände feiner untergliedern, um beispielsweise einzelne Fachdisziplinen und deren Übergabepunkte abzubilden. An einem konkreten Beispiel lässt sich das ganz gut nachvollziehen: Die Marketingabteilung hat bspw. die Idee einer neuen Sonderaktion und legt ein Ticket dazu an. Es hat den Status „offen“. Unternehmensintern muss nun beispielsweise die Vertriebsabteilung über die Umsetzung aller Sonderaktionen entscheiden. Sie prüft nun alle offenen Marketingtickets und ändert jeweils den Status einer Marketingidee auf „Prüfung SD“ (In Arbeit). Das Ergebnis kann nun lauten: „Abgelehnt“ (Fertig) oder „Freigabe SD“ (in Arbeit). Damit landet das Ticket wieder in der Marketingabteilung. Hier können nun zahlreiche Zwischenschritte bzw. Status folgen (jeweils „In Arbeit“) und am Ende dürfte der Status „Umgesetzt“ (Fertig) stehen.
Dieses Vorgehen hat nun weitreichende Konsequenzen für das Management. An die Stelle von Statusmeetings mit der Aufbereitung und Pflege entsprechender Dokumente (Excel, MS Project, Powepoint etc.) treten Dashboards, Filter und E-Mail-Benachrichtigungen (Notifications), die das Ticketsystem automatisch versendet. Da ja nun alles, womit sich die Organisation derzeit oder demnächst beschäftigen wird in einem Ticket abgebildet ist, kann das Management auf Basis von Echtzeit-Auswertungen im daily business Entscheidungen treffen und die Steuerung der Organisation leisten. Das ist das „empirische“ an der Empirischen Geschäftsprozesssteuerung. Aus diesem Grund sollte die Einführung eines Ticketsystem gerade vom Management als Top-down-Entscheidung verstanden werden, was wiederum impliziert, dass sich das Management aus unserer Sicht frühzeitig und intensiv mit der Benutzung und den Möglichkeiten eines Ticketsystems beschäftigten sollte.